Wie kann man einer sterbenden Person helfen?
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Es gibt Fragen, auf die es keine klaren Antworten gibt. Fragen, die unser Vorstellungsvermögen sprengen. Eine dieser Fragen ist, was nach dem Tod passiert. Für viele ist es ein äusserst unangenehmer Gedanke, der gar Angstzustände auslösen kann. Um Sterbenden zu helfen, mit diesen oft überwältigenden Emotionen umzugehen, ist es wertvoll, ein besseres Verständnis der menschlichen Psyche zu haben.
Laut einem Modell der Schweizer Psychologin Elisabeth Kübler-Ross durchlaufen Sterbende fünf verschiedene Phasen. Wie lange diese Phasen dauern und in welcher Reihenfolge sie stattfinden, ist in jedem Fall individuell.
Nicht-wahrhaben-wollen
Wenn jemand von seinem bevorstehenden Tod erfährt, wird dieser Fakt in einer ersten Reaktion meistverdrängt oder angezweifelt. Häufig werden weitere Ärzte für Zweitmeinungen aufgesucht und vergeblich nach Auswegen gesucht. Diese Schutzreaktion der Psyche kann sich auch in körperlichen Beschwerden und Empfindungslosigkeit manifestieren. Für Angehörige ist es in dieser Phase essenziell, empathisch und geduldig zu sein, jedoch ohne die Person in ihrem Verhalten zu bestärken.
Zorn
Sobald die Person realisiert, dass ihr Tod unumgänglich ist, folgen nach dem Schock oft Zorn, Wut und Schuldzuweisungen. Als Angehörige darf man das nicht persönlich nehmen. Diese Emotionen sind natürlich und sollten nicht verdrängt werden, denn sie sind Teil des Verarbeitungsprozesses.
Verhandeln
Nachdem die Wut abflacht, werden Betroffene oft kooperativer und versuchen, mit sich selbst, mit Ärzten, mit dem Schicksal oder mit Gott zu verhandeln, in der Hoffnung auf ein längeres Leben. Sie äussern möglicherweise auch völlig unrealistische Wünsche. Diese Hoffnungen sollten einem Sterbenden nicht genommen werden, doch dürfen auch keine falschen Erwartungen geweckt werden.
Depression
In einer depressiven Phase trauern Sterbende sowohl um vergangene Erlebnisse und verpasste Chancen wie auch um bevorstehende Ereignisse, die sie nicht miterleben können. Mit ihren Geliebten zusammen diese Gefühle zu verarbeiten, kann einer Person vor allem in dieser Phase viel Kraft geben. Man sollte zuhören, ohne übermässig zu trösten.
Akzeptanz
Wenn sich sterbende Personen mit ihrem Tod abgefunden und diesen akzeptiert haben, suchen sie oft Ruhe. Auch wenn man möglichst viel Zeit mit der Person verbringen möchte, kann das für sie sowohl mental als auch körperlich ermüdend sein. Das Verlangen, sich zurückzuziehen, sollte respektiert werden, auch wenn es weh tut.
Dieses Modell der Sterbephasen kann eine grosse Hilfe im Umgang mit einer sterbenden Person sein, darf aber nicht als Anleitung oder Vorschrift missverstanden werden. Es konnte nicht belegt werden, dass alle Sterbenden diese Phasen durchleben. Der Sterbeprozess ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und bedarf in jedem Fall einer individuellen Betrachtung.